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HAND & NAILS // 02.06.2014

Preisgestaltung im Nagelstudio

Gewinne im Nagelstudio haben nichts mit Glücksspiel zu tun. Sondern mit kluger Kalkulation. Branchenkennerin Bettina Hillemacher rechnet vor, wie man angemessene Preise für seine Dienstleistungen ermittelt.

Bauchgefühl ist ein schlechter Ratgeber bei der Preisfindung im Nagelstudio. Auch eine Preisgestaltung, die ausschließlich auf dem Vergleich mit der Konkurrenz basiert, ist zum Scheitern verurteilt und kann sich früher oder später als fataler Fehler erweisen – ganz gleich, ob man sich  bei der Kalkulation zu weit nach oben oder nach unten verirrt hat. Schnell sind die Kosten höher als die Einnahmen und es droht trotz Können am Tisch das wirtschaftliche Aus.

Vor allem unprofessionelle Naildesigner und Billig-Studios sind in den letzten Jahren einer ganzen Branche zum Verhängnis geworden. Ihre Dumping-Preise lassen professionelle Unternehmer in den Augen des Kunden überteuert und unglaubwürdig erscheinen. Viele möchten immer noch nicht wahrhaben, dass ihre Nägel häufig einen teuren Preis für den Verzicht auf geschulte Mitarbeiter, hochwertige Materialien und angemessene Behandlungszeiten bezahlen.

Wer sich diesem Konkurrenzdruck beugt und seine Preise senkt, verkennt jedoch, dass diese Billig-Studios nicht nachhaltig wirtschaftlich arbeiten und schnell wieder vom Markt verschwinden. Denn dass Qualität und Service ihren Preis haben, stellt der Kunde spätestens dann fest, wenn sich billige Materialien, fehlende Hygiene und unsachgemäße Arbeit mit schlechter Haltbarkeit, unschönen Verfärbungen oder Infektionen auf den Nägeln äußern.

Preiskalkulation: Beispielrechnung

Die folgende Beispielrechnung arbeitet mit Durchschnittswerten, die innerhalb von Deutschland je nach Kosten- und Infrastruktur schwanken können. Auch Steuersatz, Kostenstruktur und persönliche Arbeitsleistung sind sehr individuell. Bitte übernehmen Sie deshalb dieses Anschauungsbeispiel nicht eins zu eins für Ihre Kalkulation.

Wie viel kostet eine Nagelmodellage pro Behandlung? In Deutschland werden durchschnittlich 70 Euro für eine Neu- und 45 Euro für eine Nachbehandlung verlangt. Im Schnitt dauert eine Neumodellage 90 und eine Nachbehandlung 60 Minuten. Ausgehend vom Durchschnittswert kostet eine Dienstleistungsminute im Nagel-Studio inklusive Arbeitsmaterialien also rund 77 Cent. Abzüglich der Mehrwertsteuer von 19 Prozent (ca. 12,3 Cent) und dem Materialeinsatz von 10 Prozent (ca. 6,5 Cent) bleibt ein ungefährer Nettowert von etwa 58 Cent pro Minute.

Betriebliche Kosten addieren

Wie viele Stunden hat ein Arbeitsjahr im Studio? Man geht davon aus, dass ein Selbstständiger mit Ladengeschäft von Montag bis Freitag und am Samstagvormittag arbeitet. Die Geschäftszeiten sind von 9 bis 19 Uhr, samstags von 9 bis 13 Uhr. Das ergibt eine wöchentliche Arbeitsstundenleistung von 48,5 Stunden, wenn Pausenzeiten abgezogen werden. Bei 52 Wochen im Jahr entspricht das einer Arbeitszeit von ca. 2 520 Stunden. Nach Abzug von vier Wochen für Urlaub, Krankheit, Wochenenden, Feiertage, Leerzeiten, Fortbildungen und allgemeine unternehmerische Arbeit bleibt ein realistischer Rest von 2 000 Stunden jährlich.

Wie hoch sind die betrieblichen Kosten? Hierzu müssen für jedes Studio individuell Miete, Nebenkosten (Heiz- und Stromkosten, Wasser, Telefon, Internet etc.), Beiträge aller Art, Beratungshonorare (z. B. Steuerberater), Werbungskosten, Bürobedarf, Weiterbildung und andere regelmäßig anfallende Kosten addiert werden. Bei einer fiktiven Ladenmiete von 1 200 Euro, Nebenkosten von 300 Euro und einer geschätzten Pauschale für alle weiteren Kosten in Höhe von 500 Euro monatlich, ergeben sich Kosten von 2 000 Euro im Monat. Aufs Jahr bzw. auf die Arbeitsminute (ca. 2 000 Stunden, d. h. 120 000 Minuten im Jahr) umgelegt, ergibt sich pro Dienstleistungsminute ein Betrag von 20 Cent pro Minute.

Angemessene Preise

Wie hoch ist der Unternehmerlohn? Er ist das kalkulatorische Entgelt für die Arbeitsleistung des Unternehmers bzw. der Unternehmerin. Er soll alle privaten Kosten (Miete, Lebenshaltungskosten, Versicherungen, Altersvorsorge etc.) abdecken. Bei Verpflichtungen in Höhe von z. B. 2 500 Euro netto im Monat müssten also ca. 39 600 Euro jährlich mit Steuern angesetzt werden – umgerechnet 33 Cent pro Minute.

Wie hoch ist der Gewinn? Ganz einfach: 58 Cent Dienstleistungsumsatz – 20 Cent betriebliche Kosten – 33 Cent private Kosten = 5 Cent Überschuss. Bewusst außer Acht gelassen wurde an dieser Stelle der Umsatzfaktor Verkauf. Der Gewinn steigt jedoch mit jedem verkauften Produkt. Der Überschuss von 5 Cent pro Dienstleistungsminute, was einem monatlichen Gewinn von 500 Euro entspricht, zeigt, dass die durchschnittlichen Behandlungspreise keineswegs zu hoch, sondern durchaus angemessen sind. Dabei müssen auch Risikofaktoren wie umsatzschwache Monate und längere Ausfallzeiten einkalkuliert werden.

Von Bettina Hillemacher; sie leitet die Bereiche Marketing & Beauty Schools der Wilde Cosmetics GmbH