Wer heute mit offenem Blick durch Pforzheim läuft, der sieht der Stadt ihr hohes Alter nicht an. Schon 500 v. Chr. siedelten in diesem Gebiet Kelten, dann zogen die Römer hierher, schließlich die Alemannen. 1195 kam Pforzheim an die Welfen, wenige Jahre später an die von Baden – die wechselvolle Geschichte sorgte regelmäßig für große Aufregung, Zerstörung und Wiederaufbau. 1945 wurde die Stadt bei einem britischen Luftangriff zu 80 Prozent dem Erdboden gleichgemacht – innerhalb weniger Minuten. Der Wiederaufbau erfolgte unverzüglich, im Stil der 1950er-Jahre. Geblieben ist das eine oder andere Kleinod – und die traditionsreiche Historie natürlich, von der die mit über 125 000 Einwohnern achtgrößte Stadt Baden-Württembergs heute noch zehrt.
Vanessa Schaaf fällt sofort die Goldschmiedeschule ein – kein Wunder, hatte ihr Vater doch hier sein Handwerk gelernt. Die Schule ist die einzige ihrer Art in Europa und zieht deshalb auch viele Schüler aus aller Herren Länder an. Denn Markgraf Karl Friedrich von Baden hatte vor über 250 Jahren hier die Schmuck- und Uhrenindustrie begründet, die Pforzheim weltbekannt machen sollte. „Noch heute werden 75 Prozent des deutschen Schmucks bei uns hergestellt“, berichtet die junge Kosmetikerin stolz, „z. B. der der Marke Wellendorff!“ Sie arbeitet im Kosmetik-Institut Helene Schaaf, das ihre Mutter 2009 gegründet hat – und das 2017 für „Gloria – Deutscher Kosmetikpreis“ nominiert wurde. Außer ihnen beiden ist hier noch eine weitere Fachkraft angestellt. Das Institut befindet sich direkt in der Stadtmitte, nur wenige Minuten zu Fuß von der Christuskirche im angrenzenden Stadtteil Brötzingen entfernt. Von den zehn weiteren Kosmetikinstituten, die in der Nähe liegen, unterscheidet man sich durch Qualität und Konzept: Das Dienstleistungsangebot der Anti-Aging-Spezialisten umfasst ausschließlich Gesichtsbehandlungen, auch apparative, sowie Maniküre, diese ohne Naildesign. Damit wird bewusst eine gehobene Klientel angesprochen, die hier auch zu Hause ist.
Vanessa führt uns aus – in Gedanken, wir gehen mit ihr zum Essen. Sie empfiehlt das Restaurant Müssle in den „Schmuckwelten“, ein Einkaufszentrum mit hochkarätigen Preziosen. Hier bekomme man, meint sie stolz, Feinkost auf höchstem Niveau und in einem schönen Ambiente. Badische Küche – z. B. Zwiebelrostbraten mit geschmelzten Zwiebeln und Spätzle und als Dessert eine Schwarzwälder Kirschtorte – genieße man am besten im Parkhotel, neben dem Kongresszentrum. So gestärkt empfiehlt die Kosmetikerin einen Einkaufsbummel am Leopoldsplatz, z. B. in der Schlösslegalerie, wo auch eine erlesene Bekleidungsauswahl zu finden ist. Am Abend geht es mit Vanessa ins Theater am Waisenhausplatz – hier nahm die Uhren- und Schmuckproduktion ihren Anfang, weil die Kinder, die dort lebten, beschäftigt werden sollten. Oder es geht ins Kongresshaus, wo jede Woche einige Veranstaltungen geboten werden: z. B. Comedy, Konzerte oder Messen.
Im nahegelegenen Gasometer werden 360 Grad-Ausstellungen ausgerichtet, zurzeit mit dem Titel „Great Barrier Reef“ – zu sehen sind von einem sich drehenden Podest Bilder der größten Ansammlung von Korallenriffen an der Nordostküste Australiens. Für Kaffee und Kuchen weiß Vanessa zwei Adressen: das Café d’Anvers, in dem es sich auch gut frühstücken lässt – alles selbstgemacht!, und das Café Damals, das mit nostalgisch-urigem Flair verzaubert.
Wer gern in der Natur unterwegs ist, findet Rad- und Wanderwege im Wildpark an der Hochschule. Apropos Hochschule: Die ca. 6 000 Studenten der Fakultäten für Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Recht treffen sich abends in den Studentenkneipen – oder auch in den Bars und Nachtclubs rund um den Leopoldsplatz. Von dort aus sind es zu Fuß nur ein paar Minuten zum Bahnhof. Bertha Benz übrigens hat das anders gemacht: Statt mit dem Zug ist sie heimlich mit dem Automobil ihres Mannes von Mannheim nach Pforzheim gereist, die erste Autofernfahrt überhaupt! Ein starkes Zeichen für Tradition und Innovationsgeist zugleich! Pforzheim sieht man das Alter wirklich nicht an!